5. FUSSBODEN FORUM® 2020

Berichtet wurde in der Kolumne von Dr. A. Unger.
Bericht verfasst von Dr. A. Unger, Donauwörth, Fachjournalist und Autor des FUSSBODEN ATLAS®
Der Beitrag beinhaltet teils wörtliche Zitate aus den einzelnen Skripten.

Das FUSSBODEN-FORUM fand in diesem Jahr zum zweiten Jahr in der Jochen Schweizer Arena bei München statt. 90 Personen hatten den Weg zu der Veranstaltung gefunden und hörten spannende Vorträge

Im Anschluss an die Veranstaltung hatten die Teilnehmer noch die Möglichkeit, am Bodyflying und Indoor-Surfen in der Jochen Schweizer Arena teilzunehmen. Zahlreiche andere nutzten noch die Zeit zu einem Fachgespräch mit den Mitveranstaltern. Viele deckten sich an den kleinen Messeständen noch mit Informationsmaterial ein. Es wurden durchwegs die kompetenten Vorträge und die gute Location gelobt.

1) ‚Heizen, Kühlen und Lüften mit dem Fußboden‘
Referent: Prof. Dr. Michael Günther, Fa. Uponor

Der Experte für technische Gebäudeausrüstung zeigte aktuelle Trends zum Thema der Regelungstechnik von Heiz-, Kühl- und Lüftungssystemen auf. Im Zuge des digitalen Smart-Home-Programms gibt es derzeit Ansätze, dass die Bewohner durch eine Kamera beobachtet werden und per GPS ihr Standort ermittelt wird. Auf diese Weise fährt die Heizung automatisch runter, wenn die Bewohner das Gebäude verlassen und heizt wieder rechtzeitig an, bevor sie ins Gebäude zurückkehren. Ob dies ein möglicher Weg ist, wird die Akzeptanz seitens des Marktes zeigen. Sensoren sollen mithelfen, dass sich die Heizungen automatisch ausschalten, in dem Moment, wo Fenster geöffnet werden.

Über 80% der Neubauwohnungen weisen derzeit eine Flächenheizung zur Erwärmung und Kühlung der Räume auf. Dies liegt daran, dass sich diese Technik sehr gut mit Wärmepumpen koppeln lässt. Diese Wärmepumpen spielen in der Zwischenzeit nicht nur für Einzelobjekte, sondern für ganze Quartiere eine wichtige Rolle. Der Weg, die Kühlung über Klimaanlagen zu erreichen, ist aus Sicht des Referenten nicht so zielführend, da die Abwärme ja wieder zurück in die Atmosphäre geleitet werden muss.

Prof. Dr. Günther zeigte auch Techniken aus dem Hause Uponor auf, wie die Überheizung von kleinen Fluren durch zahlreiche Anbindeleitungen verhindert werden kann. Zudem wies er darauf hin, dass Parkettbeläge in Verbindung mit Fußbodenheizungen mindestens 29°C Oberflächentemperaturen vertragen müssen, um fachgerecht eingesetzt werden zu können. Durch die immer besser gedämmten Objekte spielt die engere Heizrohrverlegung in den Randzonen mit daraus resultierenden noch höheren Temperaturen immer weniger eine Rolle.

Die aktuelle Bauweise führt allerdings auch dazu, dass im Sommer der Kühlbedarf in Objekten zunimmt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn große Glasfassaden vorhanden sind. Hier bieten sich ebenfalls Kühlsysteme auf der Basis von wasserführenden Rohren an. Man sollte nur darauf achten, dass die Oberflächentemperatur der Bodenbeläge nicht zu weit nach unten gekühlt wird und andererseits die relative Luftfeuchtigkeit im Raum nicht zu hoch ist, sodass es nicht zu Kondensatbildung auf den Belägen kommt.

Das Thema der zentralen Wohnraumlüftung nimmt auch immer mehr Raum bei den Neubauten ein. Diesbezüglich wies der Referent darauf hin, dass bei Platzierung der Kanäle auf der Betonplatte die entsprechende zusätzliche Bauhöhe in Höhe von ca. >= 15 cm planerisch vorgesehen sein sollte. Durch den Einsatz der Lüftungsanlagen sinkt allerdings auch die relative Luftfeuchtigkeit im Winter in den Räumlichkeiten immer mehr ab, was Probleme für gewisse Bodenbeläge (wie z.B. Parkett) mit sich bringen kann. Insofern sollte man über entsprechende Befeuchtungssysteme nachdenken.

2) ‚Farbgestaltung: Zwischen Tradition und Trends‘
Referentin: Dr. Hildegard Kalthegener, Farbexpertin, Designerin, Dozentin

Architekten haben von der klassischen Moderne, also sowohl von Bauhaus-Arbeiten, wie auch von denen Le Corbusiers ein weitgehend unbuntes Klischee im Kopf: Schwarz-weiß eventuell flankiert von ein wenig grau und beige; Bauten aus Beton, Glas und Stahl sowie Möbel mit Chrom und schwarzem Leder. Zurückhaltende Materialfarbigkeit hingegen wird gern geduldet und manchmal sogar geschätzt, und erscheint bei Weitem unverfänglicher als ein ‚flacher bunter Anstrich‘. Rückblickend sei die Idee einer einheitlichen Farbentheorie im Bauhaus schon vom Ansatz her falsch. Künstler und Lehrer wie z.B. Klee, Kandinsky, Itten und Albers waren kreative Individualisten, die weniger ein Rezept als vielmehr eine Methodik gelehrt haben, die zu eigenständigen Lösungen pro Bauherr, pro Architekt, pro Projekt führte, – also zielgerichtete Kreativität ermöglichte. Welche Grundlagen von damals sind auf heute übertragbar?

Man wird sich in Deutschland nicht auf ein Farbsystem einigen, es gibt eine Vielzahl von marketingorientierten Ansätzen parallel, und nicht mal in den schulischen Grundlagen ist man sich einig, ob im Fach Kunst eher Kreativität oder Wissen vermittelt werden soll. Das Thema Farbgestaltung ist komplex, aber nach wie vor bieten die sieben Kontraste nach Johannes Itten als Bauhauslehrer einen verständlichen, hilfreichen Ansatz, auf dem man aufbauen kann.

Man kann als Gestalter nicht allein mit Farben heilen, weder einen Beinbruch noch eine Bulimie. Dennoch trägt Farbe massiv dazu bei, ob ein Patient in der Klinik oder ein Bauherr sich daheim wohlfühlt. Als Gestalter kann man Farbe sehr genau und gezielt einschätzen und nutzen, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. Jede einzelne Farbfamilie unterscheidet sich dem Charakter nach sehr deutlich von einer anderen. Folgende Assoziationen und Anwendungstipps mögen das verdeutlichen:

Blau:

  • Kälte, im Mittelalter: Weiblichkeit
  • Unendlichkeit, Distanz, Tiefe, Ruhe, Wahrheit
  • Loyalität, Treue, Tradition, Konzentration
  • Blau macht Räume weit und Decken hoch
  • Blau braucht gute Kontraste in Form warmer Wohnholzfarben


Rot:

  • Impulsivität, Emotion, Energie, Feuer
  • Würde, Macht, Liebe, Leidenschaft
  • Beliebt, anregend, aktivierend, warm
  • Aber auch: Wut, Blut, Aggressivität, Revolution
  • kann große Räume intimer und kleiner machen

Gelb:

  • Gelb ist leicht und sonnig, die hellste Farbe nach weiß
  • Senftupfer und Gold-Ocker: trendy, verbreitet, beliebt
  • Hat Gelb einen kleinen Schwarzanteil, wird es leicht grünlich wahrgenommen!
  • Grünliches Gelb wurde traditionell mit Falschheit, Feigheit und Wahnsinn verbunden, ist aber stark vertreten seit der IMM COLOGNE 2019 und hat durchaus Zukunft!
  • Vorsicht: Gelb ist ein schlechter oder sogar gar kein Kontrast zu blondem Holz


Grün:

  • Natur, Chlorophyll, der grüne Daumen
  • Hoffnung, Frühling ebenso wie Unreife
  • Erholung, Ruhe, Harmonie und
  • Aber auch: Gift, Galle, Eifersucht
  • Beruhigender Kompromiss, weder kalt noch warm
  • Farbe zum Entspannen, wenn hell + nicht zu stark gesättigt


Verschiedene Firmen rufen eine Farbe des Jahres aus. Mehrfach ist es für 2020 ein dunkles, klassisches Blau, passend für eine Zeit, in der die Suche nach Wahrheit und Loyalität so wichtig ist. Aber auch Nuancen um Salbei und Eukalyptus wurden als Farbe des Jahres ausgerufen und passen gut zu kräftigen Akzentfarben auf kleinen Flächen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Suche nach der Nuance ebenso wichtig ist wie die Frage nach der richtigen Farbfamilie.
 

3) ‚Planung und Ausschreibung von redundanten Abdichtungen in besonders
hoch belasteten Nassräumen nach DIN 18 534
Teil 1: Abdichtung mit bahnenförmigen Abdichtungsstoffen‘
Referent: Ing. Uwe Haubitz, BMI Wolfin Bautechnik GmbH

Der Referent zeigte zunächst die verschiedenen Wassereinwirkungsklassen und die neue Struktur der Abdichtungsnormen auf. In letzter Konsequenz ist es eine planerische Entscheidung, wie mit der Abdichtung der Räumlichkeiten umgegangen wird. Bei hoch belasteten Küchenabdichtungen war es aus seiner Sicht zu empfehlen, redundante Systeme vorzusehen. Dies bedeutet, dass an der Unterseite einerseits eine Flächenabdichtung vorhanden ist und zusätzlich oben nochmals eine Verbundabdichtung mit dem Bodenbelag (z.B. Fliese). Als Bodenbeläge sind in diesem Zusammenhang natürlich feuchtigkeitsbeständige Materialien zu verwenden.

Wenn Abdichtungen in Großküchen eingebaut werden, so müssen diese u. A. fettbeständig und milchsäurebeständig sein. Bei einer (bio)chemischen Reaktion (Mikroorganismen) entsteht aus Fetten als Abbauprodukt Milchsäure, die neben dem Beton auch dessen Stahlbewehrung angreifen kann. Bitumenabdichtungen sind z.B. i.d.R. nicht fettbeständig und sollten in solchen Nutzungen nicht eingesetzt werden.

Durchführungen durch Flächenabdichtungen müssen geeignet geplant werden. Hier können z.B. entsprechende Flansche oder ganze Kästen helfen, um diese in die Abdichtungsebene zu integrieren. In letzter Konsequenz sollte auch geplant sein, wie im Randbereich sowohl die Flächenabdichtung als auch die Verbundabdichtung nach oben geführt wird.
 

4) ‚Planung und Ausschreibung von redundanten Abdichtungen in besonders
hoch belasteten Nassräumen nach DIN 18 534
Teil 2: Verbundabdichtung unter dem Belag am Beispiel Großküche‘
Referent: Alexander Schneid, Uzin Utz AG

Als zweiten Teil, aufbauend auf den ersten Vortrag, sprach Herr Schneid über die Thematik der Verbundabdichtungen. Auch diese müssen natürlich eine entsprechende Resistenz gegenüber den einwirkenden Medien aufweisen. Hier bezog er sich in erster Linie auf Verbundabdichtungen unter Fliesen bzw. keramischen Belägen. Als Verbundabdichtung kommen in diesen Nutzungen häufig zweilagige Epoxidharzmaterialien zur Verwendung. Zusätzlich ist es wichtig, dass im Randbereich entsprechende Dichtbänder eingesetzt werden. Dr. A. Unger verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Verwendung von Schnittschutzbändern im Randbereich sehr hilfreich sein kann, sodass bei einem späteren Austausch der elastischen Verfugung die Dichtbänder nicht durchgeschnitten werden.

Herr Schneid empfahl, sowohl für die Verklebung der Fliesen als auch für den Fugenmörtel Epoxidharzmörtel einzusetzen. Abschließend sprach der Referent verschiedene Anschlussdetails mit den Anwesenden durch.

5) ‚Flüssigkunststoffe und ihre Anwendungsgebiete auf dem Boden‘
Referent: Ing. Stefan Dröge, Fa. Arturo

Der Referent befasste sich in seinem Vortrag intensiv mit allen Arten der Oberflächenbeschichtungen. Hier ging er insbesondere auf die Materialien Epoxidharz und Polyurethan ein. Nutzungstechnisch sah er als mögliche Zielobjekte sowohl Industrieflächen, Gewerbeflächen, WHG-Nutzungen und dekorative Bereiche, sowie Parkdecks. In hoch belasteten Nutzungen empfahl Herr Dröge den Einsatz von Epoxidharzbeschichtungen, in Gewerbeflächen und im Bereich dekorativer Nutzungen sah er verschiedene Vorteile bei dem Material Polyurethan. Da dieses auch weicher eingestellt werden kann, kann es eine Rissüberbrückung bis zu 1 mm aufweisen und eine angenehme Elastizität beim Begehen.

Zudem ging der Referent auch auf Oberflächenschutzsysteme in Parkbauten ein. Hier empfahl er, auf der Grundplatte i.d.R. eine starre OS 8-Beschichtung, die i.d.R. dampfdiffusionsoffen sein sollte, in den Obergeschoßen riet er zu   OS 11b-Systemen und auf frei bewitterten Decks zu OS 11a-Systemen. Diese müssen an ihrer Unterseite eine Rissüberbrückung von meistens um die ca. 0,2 mm aufweisen. Die Bewehrung muss dann dafür sorgen, dass der Beton auch keine breiteren Risse bekommt.

Als großen Vorteil der Beschichtungen sah Herr Dröge die lange Lebensdauer dieser Materialien an, was natürlich bedingt, dass auch die Untergründe entsprechend lange Haltbarkeit aufweisen.

6) ‚Gefahr durch Baustaub – Neue gesetzliche Grenzwerte und Lösungsmöglichkeiten‘
Referent: Ingo Leber,  
Team Direkt /Rentstauber

Der Referent wies zunächst auf die Gesundheitsgefahren hin, die durch Baustaub für die Beteiligten entstehen. Insofern sollte es allen ein Anliegen sein, die Staubmenge bei der Bearbeitung von Objekten möglichst zu reduzieren. Als Wesentlich sah Herr Leber es an, zunächst einmal vor Beginn der Baustelle entsprechende Schmutzfangmatten vor und hinter der Staubwand zu platzieren. Dort sollten alle Wege mit geeigneten Abdeckmaterialien geschützt werden. Gleiches gilt für die Türzargen, für die es entsprechende Formteile gibt. Abdeckungen von Böden sollten, wann immer möglich, diffusionsoffen sein.

Als Wesentlich sah Herr Leber es an, dass Staub immer sofort dort abgesaugt wird, wo er entsteht. Hier gibt es sowohl für Trennscheiben, wie auch für Bohrmaschinen, Brechhämmer, etc. entsprechende maßgeschneiderte Lösungen. Die Staubsauger gehören je nach Einsatzzweck entweder der Klasse M (mittlere Filterleistung) oder H (besonders hohe Filterleistung) an. . Sauger der Verwendungsklasse L sollten nicht mehr eingesetzt werden.

Neben der direkten Absaugung an der Staubquelle empfiehlt es sich, im Bereich der Baustelle mit einem Unterdrucksystem zu arbeiten. Hierbei kann der in der Luft befindliche Staub im Bereich der Baustelle durch einen Entstauber angesaugt und dann über eine Fensteröffnung gefiltert nach außen transportiert werden. Über ein anderes Fenster im nicht verstaubten Bereich sollte Frischluft nachgezogen werden. Eine alternative Lösung besteht darin, den Entstauber in den nicht staubbelasteten Bereich zu stellen und über eine Öffnung den Staub aus dem Baustellenbereich abzusaugen. Hierfür kann dann ein Fenster im Baustellenbereich geöffnet werden, sodass Luft nachgezogen wird. Gereinigte Luft könne dann in den nicht verstaubten Bereich zurückgeführt werden, wenn ein geeigneter HEPA Filter verbaut ist. Am wenigsten effizient ist ein Umluftsystem, wenn der Entstauber einfach im Baustellenbereich aufgestellt wird und dann an der einen Seite verstaubte Luft ansaugt und auf der anderen Seite wieder gereinigt ausbläst, da sich  beides  im Baustellenbereich befindet.

Der Referent wies darauf hin, dass es für derartige Entstauber und staubreduzierende Maßnahmen auch Förderungen seitens der Berufsgenossenschaft gibt


7) ‚Lernorte – Schulen unterschiedlich gedacht (mit Projektvorstellungen)‘
Referentin: Ing. Maria Hirnsperger, Behnisch Architekten

Für das Büro ‚Behnisch Architekten‘ ist das Planen und Bauen von Schulen ein Teil seiner Geschichte und eine Aufgabe, die ihm am Herzen gelegen ist. Dies ist nicht ein Bauen im herkömmlichen Sinne, sondern ein Schaffen von Lernorten, Orten, die Lehrende wie auch Kinder für ihr Leben prägen. Dort sieht man den Raum als den dritten Pädagogen – Räume können das Lernen fördern, sie können es aber auch verhindern oder zumindest erschweren. Im Folgenden sollen an vier Beispielen unterschiedliche Ansätze im Umgang mit Schul- bzw. Bildungsarchitektur gezeigt werden.

Gymnasium in Ergolding

Die Schule ist aufgrund ihrer direkten Lage an der stark befahrenen Bundesstraße mit ihren Klassenzimmern nach Norden hin ausgerichtet. Die Flure auf der Südseite dienen als Pufferzone für den Verkehrslärm der Straße und für die Wärme der sommerlichen Sonneneinstrahlung, zudem sind sie Erweiterung des Klassenraums und Treffpunkt für die Schüler. Auch die Klassenräume beschränken sich nicht mehr länger auf die reine Wissensvermittlung im Frontalunterricht. Die Unterrichtsräume des Gymnasiums Ergolding sind vielfältig nutzbar und richten sich dabei nach den Bedürfnissen der Kinder. Das zentrale Element des Hauses ist das Atrium; es dient als überdachter Aufenthaltsbereich und zugleich als Haupteingang zur Schule. Darüber hinaus bietet es, ausgebildet als Versammlungsstätte, Raum für Schulveranstaltungen, kleine Ausstellungen, Theatervorführungen und Konzerte. Besonders ins Auge sticht die Farbgestaltung der Schule. Um den Schülerinnen und Schülern die Orientierung zu erleichtern, hat jedes Geschoss eine andere Farbe, welche sich in der Pausenhalle treffen.

Neubau Mittelschule mit Sporthalle Gersthofen

Die bestehende Hauptschule in Gersthofen wurde durch den Neubau einer Mittelschule ersetzt. Während der Baumaßnahme sollten die bestehende Sporthallennutzung sowie die Schulnutzung, wenn auch mit Einschränkungen, auf dem Gelände möglich sein. Der Neubau hebt sich von den sachlichen Bauten der Umgebung ab und folgt einer freien Ordnung, die sich in kleine Gebäudeteile und Bereiche gliedert. Diese freie Formgebung wird dem Wunsch der Pädagogen nach Vielseitigkeit und Heterogenität für die Neuordnung des gesamten Schulcampus gerecht. Der bestehende Pausenhof des Paul-Klee-Gymnasiums wird mit dem Pausenhof der neuen Mittelschule zusammengefasst, wodurch eine Mitte für den Schulcampus entsteht. Der Topographiesprung des Grundstücks wird über eine Außentreppe überwunden, diese zieht sich ins Gebäude und bildet die Sitz- und Lernlandschaft der zentralen Aula. Vom pädagogischen Konzept her handelt sich hier nicht mehr um eine Gangschule, sondern je zwei Klassenräume bilden zusammen mit einem Ausweichraum ein Cluster. Die Klassenräume selbst sind nicht orthogonal geformt, die ungerichtete Form regt zur Auflösung des Frontalunterrichts an. Um auch die Erschließungsbereiche als offene Lernzonen nutzen zu können, führt der zweite Fluchtweg aus allen Klassen über einen vorgelagerten Balkon. Die Bereiche zwischen den Klassen lassen sich so beliebig möblieren und für den Unterricht nutzen.

Paul Winter Realschule, Neuburg an der Donau

Das Grundstück für die Paul Winter Realschule besticht durch seine besondere Topographie – vom nördlichsten bis zum südlichsten Punkt ergibt sich ein Höhenunterschied von 28 m. Wichtig war es hier, eine Schule zu schaffen, welche sich dieser Umgebung anpasst und nicht wie ein Fremdkörper die Landschaft durchschneidet. Aus diesen Überlegungen ergibt sich eine aufgereihte Schule, welche in keinem Bereich höher als zweigeschossig ist. Das Konzept der Schulstraße entstand, ein Weg an welchem sich die einzelnen Jahrgangscluster orientieren. Jedes Cluster für sich besteht aus vier Klassen, Sanitäreinrichtungen, einem Multifunktionsraum und dem Lehrerzimmer. Der Multifunktionsraum ist über mobile Trennwände zu öffnen, wodurch in der Mitte des Jahrgangsclusters ein Marktplatz entsteht, auf welchem Vorführungen oder Unterricht stattfinden kann. In die Klassenräume ist jeweils eine kleine Lernkoje integriert, die über eine schwenkbare Tafel abgetrennt und für Einzelunterricht verwendet werden kann. Damit sich die Lerncluster nicht nur nach außen wie einzelne Gebäude abzeichnen, sondern die Eingänge auch hin zur Lernstraße sichtbar werden, werden die Außenfassaden in den Innenraum gezogen. Die Dächer der einzelnen Gebäude sind mit PV-Paneelen belegt, die Schule produziert damit den gesamten Stromverbrauch selbst (ausgenommen der Sporthalle).

Karl Miller Center, Portland State University

In nächster Nähe zum Zentrum von Portland und integriert in das urbane Netzwerk der Stadt befindet sich das Karl Miller Center der Portland State University. Der bestehende Altbau aus den 1970er Jahren mit 9.300 m2 wurde saniert und komplett entkernt und erhielt eine Lochfassade aus Metallpaneelen mit unregelmäßigen Öffnungen, während der nahtlos angeschlossene Neubau mit zusätzlichen 4.200 m2 mit Holz verkleidet ist. Zum Zentrum wird das fünfstöckige Atrium, um welches sich alle Räume orientieren. Es ist mit verschiedenen Aktivitäten belebt und schafft mit seinen differenzierten Raumbereichen nicht nur eine integrative Haltung zum Lernen, sondern fördert auch die Kommunikation. Das Atrium ist mehr als ein Verbindungskorridor: Flexible, informelle Treffpunkte und Studienbereiche sind gleichmäßig im Gebäude verteilt und dienen als soziale Ankerpunkte; Gärten, Klassenräume, Gründerzentren, Studentenräume, Fakultätsbüros und administrative Bereiche sowie Einzelhandel schaffen eine Gemeinschaft von Schule, Universität und Nachbarschaft. Ein einstöckiger Höhenunterschied zwischen 6th Avenue und Broadway schafft zwei Erdgeschossebenen, welche über eine Sitztreppe miteinander verbunden werden. Durch die öffentliche Zugänglichkeit wird die Bedeutung des zentralen Innenraums als Bindeglied zwischen universitären und öffentlichen Nutzungen gestärkt.

 
8)
‚Estrichauslobung und –ausschreibung – Fallstricke für den Planer‘
Referent: Dr. Norbert Arnold, Fa. UZIN

Der Experte aus dem Hause UZIN wies zunächst auf einige Unschärfen bei der Definition von ‚beschleunigten Estrichen‘ und ‚Schnellestrichen‘ hin. Aus seiner Sicht kann man mit entsprechenden Zusatzmitteln in erster Linie eine Verkürzung der Wartezeit bis zur Verlegung des Bodenbelags erreichen. Diese Materialien sind i.d.R. aus seiner Sicht nicht in der Lage, Wasser kristallin zu binden. Er sah es auch als kritisch an, wenn Zusatzmittelhersteller gegenüber dem Bodenleger irgendwelche Gewährleistungsaussagen treffen, da es hier kein Vertragsverhältnis zwischen diesen beiden Firmen gibt. Die Verantwortung müsste eigentlich der Estrichlegerbetrieb gegenüber seinem Auftraggeber übernehmen und sich selbst durch den Zusatzmittelhersteller absichern. Schwierig dabei ist, dass diese Estriche eben noch zur Trocknung Wasser abgeben müssen und der Estrichleger im Regelfall keinen Einfluss auf das Baustellenklima hat.

Es ging auch um die Thematik der Estrichrückfeuchtung bei hohen Luftfeuchtigkeiten. Hier bezweifelte der Referent, dass Estriche durch ein Zusatzmittel diese Rückfeuchtung wirksam verhindern können, obwohl dies teilweise von den Herstellern beworben wird. Dr. A. Unger wies darauf hin, dass bedingt durch die Hysterese Estriche beim Wiederauffeuchten i.d.R. weniger Massefeuchte bei gleicher Luftfeuchtigkeit aufnehmen als im Trocknungsmodus. Die entsprechende Kurve verläuft also etwas flacher. Zementestriche feuchten insofern ‚von Natur aus‘ nicht sehr leicht wieder auf.

Dr. Arnold warnte eindringlich vor Dumping-Angeboten. Manche Estrichleger bieten dem Bauherrn unrealistische Trocknungszeiten zu Schleuderpreisen an. Derartige Angebote sollte man grundsätzlich auf deren fachliche Substanz hin prüfen.

Für gesichert schnelle Belegungen empfahl Dr. Arnold die Verwendung ternärer Schnellzementestrichsysteme. Diese sind in der Lage, durch gezielte primäre Ettringitbildung Wasser kristallin zu binden. Dieser Anteil des Wassers muss dann tatsächlich nicht durch Trocknung den Estrich verlassen. Diese Systeme haben zudem den Vorteil, dass sie häufig relativ formstabil sind und nur eine sehr geringe Schwindung aufweisen.


9) ‚Aktuelle Rechtsprechung und wichtige Urteile für Architekten und Bauleiter‘
Referent: Syndikus-RA Hilmar Toppe, Bauinnung München

Der Baurechtsexperte der Bauinnung München schilderte verschiedene Fälle, die aktuell eine große Relevanz für die Planer haben. Insbesondere wichtig schien ihm das Urteil des BGH wichtig, wonach Schadensersatz für Planungsmängel nicht mehr anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten ermittelt werden dürfe, wenn der am Bauwerk verbleibende Mangel nicht beseitigt werde. Allerdings könne im Fall der Absicht, den Mangel zu beheben, Kostenvorschuss verlangt werden. Dieser müsse in Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten geleistet werden. Der bezahlte Vorschuss sei dann zur Mangelbeseitigung zu verwenden. Geschehe dies nicht in angemessener Zeit, könne der Vorschuss zurückgefordert werden. Hiergegen könne der Auftraggeber zwar auch weiterhin mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen, allerdings sei dieser anhand einer ‚Vermögensbilanz‘ zu ermitteln; hierbei wird der zu ersetzende Schaden aus der Differenz zwischen der Bauleistung ohne Mangel und der mit Mangel ermittelt. Werde z.B. ein mangelbehaftetes Objekt veräußert, ohne dass der Mangel zu einer Herabsetzung des Kaufpreises geführt habe, entfiele ein aufrechenbarer Schaden.

RA Toppe informierte die Teilnehmer über die offene Rechtsfrage, ob die Mindest- und Höchstsätze der HOAI bei privaten Nutzern trotz der Entscheidung der EuGH vom 04.07.2019 weiterhin Anwendung finden würden. Hierzu stellte er die unterschiedlichen Auffassungen verschiedener Oberlandesgerichte und Landgerichte vor. Im Hinblick auf die bestehende Rechtsunsicherheit empfahl er den Teilnehmern, sinnvolle schriftliche Honorarvereinbarungen zu treffen, und nicht auf Honoraranpassungen wegen Mindestsatzunterschreitungen zu vertrauen.

Außerdem wurden Entscheidungen im Zusammenhang mit der gesetzlichen Schriftform besprochen, sowie der Umgang mit Auftraggebern, die erkennbar mangelhafte Planungen verlangten.

         
               Bild: Vortragssaal mit Publikum
               Quelle: A. Unger